Anti-„Woke“-Kämpferin geht

Ohne Judith Sevinç Basad muss man sich bei „Bild“ etwas weniger schämen

Exklusiv für Übonnenten

Niemand hat das Problem mit Judith Sevinç Basad besser auf den Punkt gebracht als Judith Sevinç Basad. „Keine Thematik hat mich als Journalistin so sehr um den Verstand gebracht“, schrieb sie neulich in einem offenen Brief zum Abschied von der „Bild“-Zeitung, „wie der Aktivismus einer kleinen Minderheit, die offiziell behauptet, für Diversität zu stehen, aber eine im Kern radikale Ideologie verfolgt.“

Das ist ihr großes publizistisches Thema: der Kampf gegen die „woke“ Bewegung. Und das ist zwar eine Form von Haltungsjournalismus, aber dagegen wäre nicht so viel zu sagen, wenn ihr dabei nicht regelmäßig genau das passierte: dass sie dabei den Verstand verliert.

Basads türenknallender Abgang von „Bild“, in dem sie Axel Springer und Vorstandschef Mathias Döpfner vorwirft, „vor der unerträglichen Tyrannei der woken Aktivisten eingeknickt“ zu sein, wird als Teil eines großen Kulturkampfs interpretiert, der in der Gesellschaft geführt wird und im Springer-Konzern ganz besonders tobt. Diese Wahrnehmung ist nicht falsch, und gleichzeitig geht man Basads Opferstilisierung auf den Leim, wenn man an ihrem Beispiel ernsthaft diskutieren wollte, wie groß die Macht dieser angeblich „freiheitsfeindlichen Ideologie“ ist, dass jetzt auch schon ein einst zuverlässig konservativer Laden wie Springer, der sich immer wieder die Freiheit auf die Fahnen geschrieben hat, angeblich vor ihr kapituliert.

Denn Basads „Bild“-Artikel, in denen sie sich an ihrem Lieblingsthema abarbeitete, waren regelmäßig einfach: falsch. Sie war so überzeugt davon, dass ihre von ihr erkorenen Lieblingsgegner totalitaristisch handelten, dass sie diesen Totalitarismus überall sah – auch dort, wo er nicht vorhanden war. Sie musste Aussagen erfinden, um sie dann anprangern zu können.

Drei Beispiele.

Wer ist transphob?

"Funk" beschimpft Männer, die nicht auf Transsexuelle stehen

„‚Funk‘ beschimpft Männer, die nicht auf Transsexuelle stehen“, ist eine typische Basad-„Bild“-Geschichte überschrieben, die im vergangenen Sommer erschien.

In einem Instagram-Beitrag einer „Funk“-Reihe mit dem Namen „AufKlo“ werden jetzt heterosexuelle Männer, die keine Transsexuellen begehren, angegriffen. Konkret heißt es in dem Beitrag: Wer sich nicht mit „trans* Personen“ daten will, sei „transfeindlich“.

MEHR NOCH: Wer zwischen „Trans-Frauen“ (Menschen, denen bei der Geburt das männliche Geschlecht zugewiesen wurde, die sich aber als Frau identifizieren) und „richtigen“ Frauen unterscheide, sei Teil der „rechten Szene“.

Nichts davon ist wahr. Nichts davon steht in dem Instagram-Beitrag, um den es geht. Er behandelt tatsächlich in sechs Texttafeln die Frage (!), ob es „transfeindlich“ ist, wenn man nur cis Personen daten will, also Menschen, deren Geschlechtsidentität mit ihrem Geburtsgeschlecht übereinstimmt.

8 Kommentare

  1. Kurzer Blick auf ihren Twitter-Feed, der sich wie eine Karikatur liest: Judith Basad arbeitet sich am Gendern, den Öffentlich-Rechtlichen und Klimaschutz ab, feiert Elon Musk, spottet über Rechtschreibfehler verhasster Medien und schreit konstant „Propaganda“, „Fake-News“, „Indoktrinierung“. Favs gibt es fast ausschließlich von anonymen Accounts mit wahlweise Manga-, Fußball- oder Adlerwappen-Profilbild.
    Wie kann man da ernsthaft glauben, dass es hier irgendwie um Freiheit oder Wahrheit geht. Ich sehe da nur Verbitterung, Zynismus, Spott, Opferhaltung.

    Manchmal sollte man vielleicht dankbar sein, dass der Begriff „woke“ diese Leute alle so triggert, dass sie ihre ganze Energie mit Echauffieren vergeuden.

    Aber ein Gedanke lässt mich dabei immer ratlos zurück: Fühlt sich das für diese Menschen wirklich wie Idealismus und Kämpfen für die gute Sache an? Ihr ist ja bewusst, dass sie die Fakten verdreht, um einen Punkt zu machen. Und im Kern geht es ja um Gleichberechtigung, Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit. Da kann man die Art kritisieren, man kann auch viele Leute der Szene doof finden. Aber dass man das eigene Leben dem Ziel opfert, sich über „Wokeism“ aufzuregen, muss doch irgendwann zu Problemen führen? Das kann doch nicht erfüllend sein? Oder ist da wirklich so viel Hass vorhanden, dass das als Antrieb reicht?

  2. „Ihr ist ja bewusst, dass sie die Fakten verdreht, um einen Punkt zu machen.“
    Es ist vllt. wirklich nicht bewusst?
    Ich verstehe sie so, dass sie bspw. Funk unterstellt, man wolle dort tatsächlich, dass man sich „seiner Privilegien schämt“. Also dass „Nachdenken“ in dem Zusammenhang einfach eine Umschreibung dafür sei, mit der die bei Funk ihre finsteren wahren Absichten verschleiern wollen.
    Was jetzt – selbst, wenn es so sein sollte – ja schon deshalb kein Problem ist, weil ich als reflektiver Leser über mich nachdenken kann, ohne mich zu schämen. Oder ich lese halt was anderes.

  3. #1 „Ihr ist ja bewusst, dass sie die Fakten verdreht, um einen Punkt zu machen.“

    Da hätte ich meine Zweifel, vielleicht ist sie nur inkompet(vgl. Dunning-Kruger-Effekt) und/oder eine schlechte Journalistin(siehe oben)
    wenn ihre Texte nicht mal die Qualitätsstandards der Bild einhalten spricht das ja auch für sich,

    Ich ordne den „Welt“-Artikel und Judith Sevinç Basad eher als weiterer Rechtsruck Richtung Positionen der „Neue Rechte“ ein, die Anti-LGBTQ+ schon lange als Kampagne haben. Gut das Übermedien das kritisch kommentiert, schlecht das Springer so etwas druckt

  4. Vor einigen Monaten hat sie sich fürchterlich empört über ein Dokument mit internen Sprachempfehlungen der Europäischen Kommission und es dabei mit den Fakten wieder nicht besonders genau genommen. Empfehlungen wurden zu Verboten, aus dem internen Dokument wurde der Versuch, das allen Menschen in der EU aufzuzwingen und für den Extrakick Empörung wurde „Maria and John“ falsch als „Maria und Josef“ übersetzt, um erzählen zu können, „die EU“ verbiete „Maria und Josef“. Ein Screenshot mit Hinweis auf diesen Fehler wurde binnen weniger Minuten mit Block auf Twitter quittiert.

    In ihrem Buch schreibt sie, in „No Time To Die“ werde James Bond von einer Frau gespielt. Auch kompletter Unfug, lediglich zu Beginn des Films hat eine Frau das 007-Alias übernommen, eben weil Bond in der Handlung lange aus dem Dienst ausgeschieden ist. Hinweise auf diese Falschbehauptung führten zu keiner Korrektur.

    Man könnte den Eindruck gewinnen, dass ihr nicht sonderlich an Fakten gelegen ist.

  5. Ich glaube, sie kann sich einfach wirklich nicht vorstellen, dass man auch Fragen stellen kann, weil man sich tatsächlich für die möglichen Antworten darauf interessiert und nicht bloß rhetorisch fragt, um seine eh schon feststehende Meinung zu unterstreichen. Sollte bei BILD-Journalist*innen als Berufskrankheit anerkannt werden.

  6. Ich folge ihr schon seit längerem auf twitter, einfach, um mal zu sehen, was diese bubble to treibt und denkt. und nahezu alle tweets folgen demselben schema: verlinkte artikel werden falsch zusammengefasst, falsch verstanden, falsch wiedergegeben. meiner meinung nach hat das system und ist so gewollt, um die eigenen follower zu pleasen.

    ich denke, wenn man einmal den boden des faktisch richtigen einmal verlassen hat, macht es aus geschäftlicher sicht absolut sinn, ins immer extremere zu driften. follower, für die springer ebenso „systempresse“ ist, wie die anderen. ich denke, genau das werden wir in den kommenden monaten erleben. basad außer rand und band.

  7. Das Problem ist: Wie viele aus ihrer Bubble definiert sie sich ja gerade dadurch, sich an der besseren Position zu glauben. Sie hat mehr Durchblick und ist die Person, die aufdeckt und entzaubert. Das ist ihre feste Überzeugung. Sie ist sich ihrer Kompetenz so sicher, dass sie Vorwürfe der Faktenverdrehung oder der Lüge tatsächlich kaltlassen. Wenn sie also aus Empfehlungen Verbote macht, dann deshalb, weil sie tatsächlich zu glauben scheint, das mit der Empfehlung sei ein sprachlicher Trick, um das eigentlich gemeinte Verbot zu verschleiern. Sie sieht es als ihre Aufgabe, zwischen den Zeilen zu lesen. Dass sie dabei aber immer nur in dieselbe Richtung deutet, und nicht verschiedene Interpretation zulässt, ist der Punkt, wo sie eventuell zu packen wäre. Alles andere, wie die Lügenbezichtigung oder Faktenerfindungsvorwürfe lassen sie nicht nur kalt, sondern bestärken sie in der Überzeugung, voll ins Schwarze getroffen zu haben (getroffene Hunde). Das verfestigt ihr Weltbild also eher.

  8. @Nils #7: „Das Problem ist: Wie viele aus ihrer Bubble definiert sie sich ja gerade dadurch, sich an der besseren Position zu glauben. Sie hat mehr Durchblick und ist die Person, die aufdeckt und entzaubert. Das ist ihre feste Überzeugung“ Ist das ein Problem? Definitiv. Aber es ist (leider) ein Problem jeder Bubble. Insofern ist das eine triviale Aussage.

    Abgesehen davon: Ist das Problem lösbar? Durch Außenstehende IMO nicht. Wie sollte man Eiferer davon überzeugen, dass sie mit ihrer Ideologie/Religion/was auch immer falsch liegen? Die müssten schon selber draufkommen, dass sie falsch liegen könnten. Und damit tut sich ausnahmslos jeder Mensch auf dieser Welt sehr schwer. Und nicht zu wenige schaffen es gar nie.

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