© Bardha Krasniqi
VOGUE Talente
"Mehr davon" ist die neue Kategorie auf Vogue.de, um Talente vorzustellen, die uns mit ihrem Können und ihrer Vision überzeugen. Ob sie nun gerade erst gestartet haben oder ein wenig Zeit brauchten, ihren Weg zu finden – wichtig ist nur, dass man sie jetzt kennen sollte. Für diesen Artikel haben wir mit Alizé Demange gesprochen, die mit ihrem Online-Styling-Kurs und ihrer Plattform "Note To Self" eine Community aufbaut, die auf Austausch und Support basiert.
Um wen es geht: Die Londoner Stylistin Alizé Demange, die ihre Erfahrung in der Modebranche und ihre Plattform teilen möchte, um jungen Kreativen den Einstieg zu erleichtern und ein großes Netzwerk für mehr Support und Gemeinschaft zu erschaffen.
Steht für? Mehr Miteinander, weniger Gegeneinander!
Man sollte Alizé Demange kennen, weil … die Stylistin verstanden hat, dass eine Gemeinschaft und der Austausch unter jungen Frauen enorm wichtig sind – besonders in der Modebranche.
Behind the Scenes mit Maya Jama bei den Brit Awards 2019
© Danika Magdelena
Wie sind Sie zum Styling gekommen?
Ich war schon immer kreativ und dachte, ich würde vielleicht Künstlerin werden. Aber dann habe ich angefangen, mich für Mode zu interessieren, und dann gefiel mir die Idee, Modedesignerin zu werden. Ich habe mein Grundstudium an der Kunsthochschule absolviert und konnte einen Platz für ein Modedesign-Studium ergattern. Währenddessen wurde mir leider schnell klar, dass ich keine Designerin sein möchte. Es hat einfach nicht zu mir gepasst, und ich hatte eine schwere Zeit während des Studiums. Glücklicherweise wurden uns in meinem Designstudium verschiedene Wege aufgezeigt, die wir erkunden konnten, und einer davon war Styling. Das hat mir auf Anhieb gut gefallen. Ein Freund meiner Familie brauchte daraufhin eine Styling-Assistenz für ein Editorial. Es war lediglich ein Testshooting. Ich ging hin und half aus, und ich dachte: "Das ist es!" Ich mag es, wenn alle Teile des Puzzles zusammenkommen, mit Leuten zusammenzuarbeiten und ein schnelles Ergebnis zu sehen; etwas zu kreieren, das mit einem Publikum kommuniziert und eine Geschichte erzählt. Ich habe mich absolut in diesen Job verliebt!
Wie haben Sie sich Ihr Portfolio aufgebaut?
Ich brach mein Modedesign-Studium ab und ging wieder Vollzeit arbeiten, aber ich versuchte weiterhin, nebenbei zu stylen, zu lernen, zu assistieren und ein Praktikum zu machen. Gleichzeitig probierte ich, meine eigenen Projekte umzusetzen, denn in London war es zu dieser Zeit schwierig, richtige Stellen bei Magazinen oder Einstiegsjobs bei Stylisten zu bekommen. Ich hatte lange Zeit einen Assistentenjob bei jemandem, den ich vor allem aus der Clubkultur in London kannte. Diese Person baute zu der Zeit Rita Ora auf, und ich arbeitete mit ihm zusammen. Im Gegensatz zu den anderen, denen ich immer sage, dass sie assistieren, ein Praktikum machen und wirklich in der Branche arbeiten sollen, habe ich selbst nicht genug davon gemacht, weil ich das Gefühl hatte, dass ich nicht die Erfahrung oder die Voraussetzungen hatte, um in diese Richtung zu gehen. Ich habe also viel auf eigene Faust gemacht und viel mit Gleichaltrigen aus meiner Community zusammengearbeitet, vor allem innerhalb der Londoner Kulturszene. Das hat meinen Anfang in der Modebranche ziemlich lang und zäh gemacht.
Behind the Scenes bei dem Video-Dreh zur neuen Single "Never Find" des Londoner Rapper-Kollektivs WSTRN
© Ayshe Zaifoglu
Was, glauben Sie, hat Ihrer Karriere am meisten geholfen?
Heute arbeite ich hauptsächlich im Styling für Prominente und Talente. Ich schätze, was bei meinem Aufstieg auch anders war, ist, dass zu meiner Anfangszeit Streetwear noch nicht wirklich als Fashion-Stil bekannt oder angesagt war. Jetzt macht es jeder, High Fashion, High Street, es ist zum Alltagslook geworden. Als ich anfing, war Streetwear einfach die Art, wie wir uns kleideten. Es war nicht das, was man als Mode bezeichnen würde. Die Leute, mit denen ich gearbeitet habe, vor allem in Großbritannien Künstler aus dem schwarzen britischen Rap, schwarzen Hip-Hop, das war keine Musik, die unbedingt Geld einbrachte oder Investitionen oder Anerkennung in der Industrie bekam. Das hat sich im letzten Jahrzehnt wirklich sehr verändert. Ich habe das Gefühl, dass meine Karriere damit gewachsen ist. Das ist etwas, worauf ich wirklich stolz bin.
Man hat als Stylist eine gewisse Macht. Man kann die komplette Wahrnehmung seiner Künstler:innen verändern und mitgestalten.
Was gefällt Ihnen am meisten an Ihrem Job?
Ich mag es, ein Teil der Reise von jemandem zu sein. Mode und Medien gehen Hand in Hand, sodass man als Stylist eine gewisse Macht hat. Man verändert die Perspektive oder die Wahrnehmung, wer diese Künstlerin oder dieser Künstler ist. Es steckt also eine Menge Strategie, Liebe und Fürsorge dahinter. Vor allem, wenn man seine Kund:innen liebt, das, wofür sie stehen, ihre Musik liebt, hat man eine Menge kreativer Möglichkeiten, ihre Geschichte zu erzählen. Es ist eine große Verantwortung, aber das macht meinen Job auch so cool. In einem Team zu sein und ständig mit neuen Leuten zu arbeiten, macht mir wirklich am meisten Spaß. Man ist Teil einer Bewegung, von Dingen, die in die Geschichte eingehen werden.
© Bardha Krasniqi
Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Als ich angefangen habe, den Online-Styling-Kurs zu entwickeln, hat sich mir eine ganz neue Richtung für meine Zukunft aufgetan. Nämlich eine, in der ich meine Erfahrungen weitergeben und anderen Menschen helfen kann. Ich habe das Gefühl, dass die Fähigkeiten, die man im Styling lernt, auch sehr gut auf andere Bereiche übertragbar sind. Es ist ein sehr harter Job. Es gibt einen superglamourösen Aspekt, und natürlich ist der ganze Prozess irgendwie magisch, aber es findet zusätzlich eine Menge Arbeit im Hintergrund statt. Man braucht eine sehr disziplinierte Arbeitsmoral. Vor allem, weil man die Ergebnisse seiner Arbeit erst ganz am Ende sieht. Die Gespräche mit all den Teilnehmer:innen meines Kurses haben in mir den Wunsch geweckt, mich langfristig zu engagieren und vielleicht einen kreativen Knotenpunkt zu schaffen, der sich mehr auf eine Mentorenschaft spezialisiert und Frauen dabei hilft, ihre Ziele zu erreichen. Wenn man Stylistin werden möchte, denkt man meist nur an den kreativen Teil der Arbeit, aber tatsächlich gibt es noch eine Menge Dinge, die man zusätzlich berücksichtigen muss. Es kann ziemlich einsam sein, wenn die eigenen Freunde keine Freiberufler:innen sind oder keine eigene Firma haben. Es gibt nicht viele Leute, an die man sich wenden kann, um Unterstützung zu bekommen. Deswegen wollte ich mein Wissen weitergeben und auch langfristig einen Raum haben, in dem sich Frauen gegenseitig helfen können, ihnen ein Support-System geboten wird, und sie neue Kontakte knüpfen können – so etwas wie eine große Mastermind-Gruppe!
Behind the Scenes beim Shooting des Online-Styling-Kurses
© Ayshe Zaifoglu
Wie ist Ihr Online-Kurs aufgebaut?
Der Kurs besteht aus insgesamt acht Modulen und den jeweiligen Arbeitsblättern. Nach dem Kauf haben die Teilnehmer:innen Zugang für sechs Monate, in denen Sie die einzelnen Module abarbeiten können.
Wir besprechen die Business-Seite, arbeiten aber auch an den kreativen Techniken, wie z. B. Moodboarding oder wie man ein Briefing erstellt. Damit fangen wir an, und dann gehen wir auf die Struktur ein, das Who's who der Branche, dann führe ich sie durch das Geschäftliche. Außerdem erkläre ich Schritt für Schritt, wie man ein Editorial vorbereitet, wie man sein persönliches Portfolio und seine Marke aufbaut. Als ich angefangen habe, war Social Media noch nicht das, was es heute ist. Es spielt eine so große Rolle; es ist so wichtig, sich mit anderen zu vernetzen und seine Arbeit bekannt zu machen, um mehr Arbeit zu bekommen oder mit anderen Kreativen zusammenzuarbeiten. Auch das Aufbauen seines persönlichen Netzwerks wird in dem Kurs erklärt und wie wichtig es ist, präsent und konsequent zu sein – Durchhaltevermögen ist der Erfolgsfaktor für alles!
© Bardha Krasniqi
Haben Sie den Online-Kurs und "Note To Self" entwickelt und gegründet, weil Sie sich eine ähnliche Plattform gewünscht hätten, als Sie noch am Beginn Ihrer Karriere standen?
Ich denke, der Kurs ist definitiv darauf ausgerichtet. Wenn ich meine Assistenten jetzt sehe, die bereits nach zwei oder drei Jahren einen eigenen Kunden haben, merke ich, wie wichtig es ist, zu assistieren und von anderen zu lernen. Hätte ich diese Möglichkeit früher gehabt, wäre mein Weg vielleicht einfacher und schneller gewesen. Natürlich ist jeder Weg anders, das musste ich lernen, und heute bereue ich nichts. Der Kurs kam vor allem zustande, als ich merkte, wie traurig es mich macht, dass ich nicht mehr Praktika vergeben kann. So habe ich eine Möglichkeit, mein Wissen und meine Erfahrung trotzdem weitergeben zu können.
Die Idee für "Note To Self" ist entstanden, als ich begonnen habe, Vision Boards zu entwickeln. Das hat mir total geholfen, meine Ziele zu visualisieren und zu manifestieren. Und es hat tatsächlich gewirkt! Viele meiner Ziele konnte ich schnell abhaken! Diese Erfahrung wollte ich mit anderen teilen. Ich wollte einen wirklich netten, energiegeladenen Raum kreieren mit Frauen, die ich kenne, die ihr eigenes Unternehmen oder ihre eigene Marke gegründet haben oder eine Idee oder ein Konzept haben. Gemeinsam mit adidas haben wir 2019 das erste Event umgesetzt, und es war einfach ein so magischer Abend! Es herrschte eine so positive Stimmung! Das wollte ich weiterführen; ich habe schon immer mit meinen Freund:innen zusammengearbeitet, die ihre eigenen Projekte umsetzen und etwas auf die Beine stellen, und dachte, wenn ich das in einem größeren Rahmen machen könnte und es Frauen inspiriert, ihre Ideen endlich umzusetzen oder weiterzumachen, wäre das großartig! Das machen wir nun seit 2019, es sind schon einige großartige Dinge passiert, und wir haben eine große Community aufbauen können. Wir starten im Juni auch einen eigenen Online-Shop, an dem wir mit Leuten aus unserer Community zusammengearbeitet haben. Durch die Pandemie mussten wir unser Programm zu Online-Angeboten umbauen – wir machen viele hilfreiche Podcasts und haben mit vielen coolen Frauen zusammengearbeitet, um Informationen online zu stellen. Ich bin zwar ein absoluter Online-Mensch, aber ich mag das echte Leben. Sich zu connecten und neue Leute zu treffen, ist einfach so anders. Es ist eine andere Energie, das vermisse ich momentan sehr!
Behind the Scenes beim Shooting des Online-Styling-Kurses
© Ayshe Zaifoglu
Was genau passiert bei den "Note to Self"-Events?
Das erste Event fand 2019 in Zusammenarbeit mit adidas statt, und ich habe 15 Frauen ausgesucht, von denen ich wusste, dass sie dabei sind, ein Unternehmen zu gründen, oder die eine Idee haben oder freiberuflich tätig sind und sich im kommenden Jahr wirklich weiterentwickeln wollen. Menschen, von denen ich das Gefühl hatte, dass sie von diesem Abend und der Verbindung untereinander profitieren würden. Jeder wurde gebeten, seine Ziele für das nächste Jahr visuell darzustellen. Wir haben drei Stunden damit verbracht, unsere Vision Boards zu erstellen, und haben sie uns am Ende gegenseitig präsentiert. Es war einfach schön zu sehen, wo die Leute hinwollen und wie sie sich gegenseitig ermutigt haben, dass man die Dinge tun kann, die man sich vorgenommen hat. Besonders gefreut hat mich, dass viele Leute, die teilgenommen haben, ihre Ziele auch erreicht haben. Das war sozusagen die Geburtsstunde unserer Veranstaltung. Die Idee war es, einen Raum voller Frauen zu schaffen, die sich gegenseitig unterstützen und einen Unterschied im Leben der anderen machen können. Für jedes Event wählen wir neue Leute aus unserer Community und laden neue Leute ein. So können wir ständig neue Energien rotieren lassen und neue Leute kennenlernen.
Ich denke, wir werden im Leben aus einem bestimmten Grund gelegentlich gezwungen, unseren Weg zu ändern.
Alizé Demange mit der Stylistin Jaime Jarvis beim Shooting für den Online-Styling-Kurs
© Ayshe Zaifoglu
Wie kann man sich mit Ihnen in Verbindung setzen, um Teil der Events zu sein?
Im Moment arbeiten wir hauptsächlich über Instagram und unsere Plattform. Wir hatten eigentlich eine andere Vorstellung davon, wohin die Reise gehen sollte, aber dann kam die Pandemie, und wir mussten alles ins Internet verlagern. Momentan stellen wir also hauptsächlich nützliche Inhalte für die Menschen zur Verfügung, z. B. über unseren Newsletter, wir arbeiten an unserem Podcast und haben erst kürzlich unseren eigenen Online-Shop gelauncht. Die Richtung, in die "Note To Self" gehen sollte, hat sich dadurch natürlich sehr verändert, aber ich denke, wir werden im Leben aus einem bestimmten Grund gelegentlich gezwungen, unseren Weg zu ändern.
Warum finden Sie es wichtig, junge Kreative und vor allem Frauen in der Modebranche zu unterstützen?
Ich habe schon immer besser und lieber mit Frauen zusammengearbeitet. Als Frau in der Modebranche und vor allem im Bereich der Musikindustrie zu arbeiten, kann ziemlich einschüchternd sein, und es gab viele Momente, in denen ich nicht sehr gut behandelt wurde. Es war sehr grenzwertig, und ich habe Teile meiner Arbeit deswegen nicht genießen können. Außerdem gab es viele Situationen, in denen ich anders behandelt wurde, weil ich eine Frau bin, und das hat mir im Leben, bei der Arbeit und in meiner Selbstständigkeit nicht gefallen. Ich denke, wir brauchen sichere Räume für Frauen. Es fühlte sich einfach total natürlich an, diese Initiativen aufzubauen.
Für den Styling-Kurs können Sie sich hier anmelden.
Mehr Infos zu Alizé Demange finden Sie unter Alize-demange.com.