© Benjamin Mensah und Anastasia Cobbinah fotografiert von David N.O Ansah
Vogue-Talente
"Mehr davon" ist die Kategorie auf VOGUE.de, um Talente vorzustellen, die uns mit ihrem Können und ihrer Vision überzeugen. Ob sie nun gerade erst gestartet haben oder ein wenig Zeit brauchten, ihren Weg zu finden – wichtig ist nur, dass man sie jetzt kennen sollte. Für diesen Artikel haben wir mit Richmond Orlando Mensah gesprochen, der mit "Manu Journal" als Gründer und Senior Art Director für zeitgenössische Schwarze Kreativschaffende viel mehr als nur eine Plattform bietet.
Um wen es geht: Manju Journal, eine digitale Plattform für Schwarze Kreativschaffende
Steht für? Hochwertige Fotografie, Mode, Bewegtbild und Musik am Puls der Zeit
Man sollte Manju Journal kennen, weil … auf dieser einzigartigen Plattform Künstlerinnen und Künstler aus unterschiedlichen Richtungen zusammenkommen, um Geschichten zu erzählen, die mit visueller Wucht daherkommen und inhaltlich überzeugen.
Ein digitaler Schauplatz als repräsentativer Vermittler für gesellschaftlichen Wandel, der die Dekonstruktion von "afrikanischer" Kunstrezeption vorantreibt und in ein neues Zeitalter katapultiert. Fernab von visueller Normativität nutzt Manju Journal die Medien Fotografie, Mode, Bewegtbild und Musik als künstlerisches Ausdrucksmittel für zeitgenössische Repräsentation und Selbstdarstellung.
Ihr letztes Projekt: Eine Zusammenarbeit mit dem italienischen Modehaus Gucci für das Redesign der geschlechtslosen "Jackie 1961 Bag" von Alessandro Michele. In Zusammenarbeit mit der Kreativagentur "A Vibe Called Tech" von Charlene Prempeh und Lewis Gilbert entstand dabei eine Kampagne namens "We are all they". Sie beschäftigt sich mit Fragen der westafrikanischen Geschlechterfluidität, und zelebriert gleichsam die multiethnische Kultur von Ghana mit einer Porträtserie, die von ruhigen und avantgardistischen Bewegtbildern begleitet wird.
Wir haben mit dem Gründer und Senior Art Director von Manju Journal, Richmond Orlando Mensah, aus Ghana gesprochen.
Die Förderung von zeitgenössischen Positionen aus der Sicht von marginalisierten Perspektiven steht bei Ihnen an oberster Stelle. Was war damals die Hauptintention bei der Gründung von Manju Journal?
Als junger kreativer Kopf aus Accra in Ghana bestand das Hauptziel meiner Plattform darin, Werke von aufstrebenden KünstlerInnen afrikanischer Abstammung auf authentische Weise zu fördern. Es ist mir wirklich wichtig, dass das, was wir tun, ein kontinuierlicher Austausch zwischen unserem Kontinent und der Diaspora ist. Es sollte einen offenen Raum schaffen, in dem wir voneinander lernen können, ohne dabei von einem Blick von außen gefiltert zu werden.
Von welchen Kulturgütern aus Ghana kann die Welt Ihrer Meinung nach profitieren?
Die Kreativindustrie in Ghana wächst allmählich und wird durch Musik, Mode, Fotografie und Kunst in größeren Räumen wahrgenommen, aber es gibt noch ganz viel Spielraum nach oben. Wir müssen auch weiterhin mehr aufstrebende KünstlerInnen in Ghana und darüber hinaus fördern und unterstützen.
Es ist Ihre Hauptaufgabe, Inhalte – vor allem Fotografie – zu kuratieren, die das schöne und moderne Spektrum der sogenannten "afrikanischen Kreativität" einfangen. Was sind Ihre Gedanken beim Kurationsprozess?
Zunächst einmal ist das Manju Journal eine ziemlich offene Plattform. Wir fühlen uns besonders zu KünstlerInnen hingezogen, die in der Lage sind, ihre Ideen auf prägnante Art und Weise zu vermitteln. Es geht mir persönlich um diesen Moment, wenn man sich ein Bild anschauen kann und es auch ohne große Erklärung funktioniert. Wir schätzen Künstlerinnen und Künstler, die für die kulturelle Dynamik, in der sie sich befinden, sensibel sind. Sich aber auch nicht scheuen, Grenzen zu überschreiten. Frisch, aber geerdet.
Ihre von Diversität geprägte Plattform macht den Anschein, ein Raum für das sogenannte "moderne Afrika" zu sein – was bedeutet dieser Begriff für Sie?
Wir nennen es "Modernes Afrika", weil Manju sich darauf konzentriert, vielfältige Geschichten von inspirierenden KünstlerInnen zu erforschen, deren Arbeit das globale afrikanische Schaffen unserer Zeit prägen. Bildende KünstlerInnen und FotografInnen drängen über westliche Stereotypen hinaus, um ein nuancenreiches Porträt des Kontinents zu präsentieren und es auf ihre Weise neu zu definieren. Es gibt aber natürlich noch viel mehr Geschichten, die aus einem frischen perspektivischen Hintergrund erzählt werden können.
Welchen Tipp würden Sie FotografInnen geben, um sich in der Kunstwelt zu etablieren?
Um sich in der Kunstwelt zu etablieren, muss ein Fotograf oder eine Fotografin die Geschichte verstehen, die der Welt vermittelt werden soll. Es ist unerlässlich, die Dynamik der Verbindung von Alltagserfahrungen und Fantasie zu verstehen. Dabei muss sichergestellt werden, dass die erzählte Geschichte auf allen Ebenen inklusiv ist. Es reicht nicht aus, sich von anderen Kreativen inspirieren zu lassen und ähnliche Werke zu produzieren. Lassen Sie sich inspirieren, recherchieren Sie, um sicherzustellen, dass Ihr inspiriertes Werk in eine Erzählung verwandelt wird, die nur von Ihnen selbst erzählt werden kann – das ergibt ein wahres Meisterwerk!
Welche Rolle spielt der Faktor der sozialen Medien für aufstrebende KünstlerInnen heutzutage?
Ein großer Vorteil der sozialen Medien besteht darin, dass Bilder und Geschichten wie noch nie zuvor erzählt werden können. Die Menschen sind bereit, zuzuhören, zu akzeptieren und Werke zu teilen, die zum besseren Wohl der Gesellschaft beitragen – da schwingt für mich ein positiver Grundton mit. Vorbei sind die Zeiten, in denen Erzählungen nur durch eine Art von Erfahrung erzählt wurden. Die sozialen Medien ermöglichen es, Stimmen zu hören, zu fühlen und diese auch zu glauben. Mehr zu erreichen, als man sich jemals vorgestellt hat – ein einziges Meisterwerk öffnet Türen und hebt eine Karriere hervor. Soziale Medien haben uns auch so geformt, dass wir Themen akzeptieren, die als "nicht akzeptabel" gelten.
Können wir in Zukunft mehr Kooperationen von Ihnen erwarten, was für Sie einen Übergang von der digitalen Welt in den physischen Markt bedeuten würde?
Ich glaube, dass Kooperationen für jede Marke sehr wichtig sind. So erstaunliche Arbeiten von schwarzen Kreativagenturen wie diese von "A Vibe Called Tech" zu sehen, ist wirklich wichtig für uns. Es sollte Platz für alle geben, und wir freuen uns darauf, in naher Zukunft mit mehr Marken zusammenzuarbeiten. Damit können wir einen Raum zu schaffen, um aufstrebende KünstlerInnen in Ghana und darüber hinaus zu fördern.
In Ihrer Gucci-Kampagne "We Are All They" steht die Dekonstruktion von männlichen Stereotypen im Vordergrund. Woher kommt die Namensgebung und wie sind Sie im Prozess vorgegangen?
Unser Fashion Director Kusi Kubi und ich wollten Ideen einfließen lassen, um innovative Geschichten und Erzählungen aus Ghana für dieses Projekt herauszubringen. Wir konzentrierten uns auf das Redesign von "Jackie 1961" und Alessandro Micheles Konzept der Geschlechterneutralität. In unseren lokalen Dialekten gibt es keine Personalpronomen für "Sie" oder "Er", also wählten wir den Titel "We Are All They", um die geschlechterneutrale Sprache in der Kultur Ghanas hervorzuheben. Einer der Schlüsselfaktoren für unsere Zusammenarbeit mit Gucci war auch einfach die Einbeziehung eines rein ghanaischen Kreativteams.
Seit der "Black Lives Matter"-Bewegung stehen schwarze KünstlerInnen medial mehr im Fokus als in vergangener Zeit. Wie ist Ihre allgemeine Wahrnehmung des globalen Kreativmarktes, wenn es um die Vertretung Schwarzer Kreativer in der Branche geht?
Die Aktivitäten der "Black Lives Matter"-Bewegung vor Monaten brachten wirklich mehr Besorgnis über die Rassenungleichheit und das Ausmaß der unverhältnismässigen Schwarzen Repräsentation in der Kreativindustrie weltweit. Dank den Protestbewegungen steigt der Bekanntheitsgrad der Notlage schwarzer Kreativer in der Branche sprunghaft an. Dies sollte aber definitiv keine kurzfristige Sache sein: große Marken müssen investieren und schwarze Kreative und deren Formate in schwarzem Besitz unterstützen.
Was sind Ihre Wünsche für die Zukunft des Manju Journals?
Gegenwärtig ist es uns gelungen, uns durch unseren Instagram-Account ein bedeutendes Profil zu schaffen, und wir wollen nun darauf aufbauen, um unsere Website, eine Fotoausstellung und eine Printpublikation zu lancieren. Diese Räume werden es uns ermöglichen, mit einigen der unglaublichen Talente und Mitwirkenden, mit denen wir bisher zusammengearbeitet haben, vom Kuratieren von Inhalten zur Generierung eigener Inhalte überzugehen.