Bildungsdokumentation: Kritik an Novelle wegen "Missbrauchspotential"
Bürgerrechtler: Massive Datenschutzprobleme - Auch Justizministerium mit Einwänden - Statistik Austria wünscht sich klarere Vorgaben für Erhebung der Erst- und Umgangssprache
Kritik an der geplanten Novelle des Bildungsdokumentationsgesetzes kommt unter anderem von der Bürgerrechtsorganisation epicenter.works. Zwar werde damit endlich die "Sozialversicherungsnummer in den Datensätzen entfernt und durch das datenschutzfreundliche bereichsspezifische Personenkennzeichen (bPk) ersetzt" - allerdings werde auch die Frist zur Löschung des Personenbezugs von 20 auf 60 Jahre nach der letzten Datenmeldung angehoben, hieß es in einer Aussendung.
Bildungsdokumentation: Darum geht es
Für die Bildungsdokumentation müssen die jeweiligen Leiter von Bildungseinrichtungen diverse Daten erheben - das sind bei Schülern neben dem Namen etwa Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Geschlecht, Adresse, Ausbildungsbeginn und -ende, sonderpädagogischer Förderbedarf, die Einstufung als ordentlicher oder außerordentlicher Schüler, Erst- und Umgangssprache, Schulpflichtverletzungen, Schulerfolg etc.. Bei Studenten kommt auch die Mail-Adresse dazu, Mobilitätsdaten, Prüfungsdaten und Studiengebühren-Status.
Diese werden an die Statistik Austria übermittelt. Zweck ist die Erstellung von Bildungsstatistiken bzw. sollen die Daten laut den Erläuterungen zum Gesetz "neben dem Bildungscontrolling einerseits der individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler, der Unterrichtsentwicklung sowie dem Ausgleich von Nachteilen aufgrund unterschiedlicher sozioökonomischer Hintergründe und andererseits der qualitätsvollen Weiterentwicklung von standardisierten Prüfungen dienen".
Das 2003 eingeführte Bildungsdokumentationsgesetz ist bereits mehrfach in die Kritik geraten - unter anderem auch wegen der Erhebung der Sozialversicherungsnummer. Durch die Novelle soll das primäre Datum zur Identifikation einer Person künftig nicht mehr die Sozialversicherungsnummer, sondern das bereichsspezifische Personenkennzeichen (bPk) - in diesem Fall das "bPk-BF (Bildung und Forschung)" - sein. Dieses wird aus der sogenannten Stammzahl einer Person gebildet, welche wiederum stark verschlüsselt aus dem Zentralen Melderegister abgeleitet wird. Laut Erläuterungen darf diese Ableitung des bPk "nicht rückführbar und nicht umkehrbar sein" - sprich, sie soll nicht auf die Stammzahl zurückgerechnet werden können.
Allerdings wird auch nicht auf die Erhebung der Sozialversicherungsnummer verzichtet: Da für Schüler eine Teilversicherung in der Unfallversicherung bestehe, "erscheint es - nicht zuletzt, um bei Unfällen in Schülerinnen- und Schülereigenschaft eine problemlose und unbürokratische Leistungsgewährung zu erreichen - zweckdienlich, die Sozialversicherungsnummer an der jeweiligen Bildungseinrichtung verfügbar zu haben", heißt es in der Novelle.
"Begehrlichkeiten und Missbrauchspotential"
Mit einer "solch enormen Datenspeicherung entstehen Begehrlichkeiten und Missbrauchspotential", so epicenter.works. So werde etwa sonderpädagogischer Förderbedarf auch künftig mit Personenbezug gespeichert. Außerdem fehle ausgerechnet in diesem Gesetzesentwurf die dazugehörige Datenschutzfolgenabschätzung.
Das Justizministerium stört die weiterhin durchgeführte Verarbeitung der Sozialversicherungsnummer in einem Übergangszeitraum. Daher spricht es sich in seiner Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf für eine Beschleunigung der vollständigen Umstellung auf das bpK aus. Auch bei der neuen Aufbewahrungsfrist von 60 Jahren sei "nicht nachvollziehbar, weshalb eine derart übermäßige Verlängerung (Verdreifachung) für die Erreichung des Zwecks der Datenverarbeitung unbedingt erforderlich ist und das Ziel nicht mit gelinderen Mitteln erreicht werden kann".
Auch Spracherhebung als Kritikpunkt
Die Statistik Austria wiederum wünscht sich klarere Vorgaben bei der Erhebung der Erst- und im Alltag gebrauchten Sprachen der Schüler. In der politischen Diskussion wurden diese Daten in den vergangenen Jahren häufig verwendet. Die Statistiker sprechen sich für "klare Definitionen und möglichst genaue Anweisungen, wie die Sprachen zu erheben sind" aus. Der Gesetzestext müsse etwa "klar zum Ausdruck bringen, dass bei Kindern, die im Alltag mehrere Sprachen verwenden, auch unbedingt alle verwendeten Sprachen anzugeben sind."
Weiters solle klar zum Ausdruck kommen, "dass für alle Kinder, die nicht als außerordentliche Schülerinnen oder Schüler geführt werden, Deutsch als eine im Alltag gebrauchte Sprache jedenfalls anzugeben ist". Außerdem wünscht man sich Erhebungen auf allen Schulstufen, um auch mögliche Veränderungen abbilden zu können.

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